Flankengott

Football is bigger than life!


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Inside player, oder wie bewerte ich einen Spieler?

Auf dem Weg zum perfekten Spieler, oder zu eigener Vollkommenheit braucht es ein Bewertungssystem, um den Status und das Ziel festzulegen. Wenn man diesen Status erhoben hat, gilt es eine Prioritätenliste auszustellen, was man wie wann verbessern möchte.

Tests und Bewertungen sind notwendig, aber im Fußball nicht sehr beliebt, weil in der Bewertung immer viel Subjektivität mitschwingt. Es gibt zwar objektive Kriterien (Schnelligkeit, Kraft, Spielwitz), aber die Prioritäten und Schwerpunkte können von Verein zu Verein und auch sogar von Trainer zu Trainer im selben Verein sehr unterschiedlich sein. Es gibt Trainer, die sehr mehr sicherheitsorientiert und es gibt Trainer, die sehr offensiv denken und spielen lassen.

Wir wollen hier eine Übersicht geben, welche Faktoren und Tests man als Trainer machen kann. Welche dann persönlich umgesetzt werden, bleibt jedem individuell überlassen. Auch was das Verfolgen aller Leistungen und deren Fort- oder Rückschritte der Spieler dokumentiert in einer Datenbank kann nicht, einfach oder detailliert erfolgen, je nach Einstellung des Trainers.

Der Nutzen einer solchen Bewertung ist aber klar. Insgesamt ergibt sich ein Profil der Mannschaft und das kann zum einen in die mögliche Taktik einfließen, Schwachstellen (Rekrutieren von neuen Spielern eines bestimmten fehlenden Profils) und Verständnis was man von den Spielern überhaupt verlangen kann. Natürlich kann man den einzelnen Spieler im Verhältnis zu anderen Spielern oder auch zur ganzen Mannschaft stellen. Auch kann der Einzelne über seine Daten die Stärken und Schwächen in der Außenwirkung verstehen und so lernen, wie er gesehen wird sowie was man ändern könnte oder sollte, um Ziele leichter zu erreichen. Die bewusste Einbeziehung von Eigenverantwortlichkeit des Spielers gegenüber seiner „Werte“ ist wesentliche r Bestandteil des Nutzens, wobei die Ziele klarer und eindeutig aufgestellt werden können. Über die verschiedenen Spielzeiten hinweg entsteht zusätzlich ein Entwicklungshorizont und schließlich ist die so stattfindende Kommunikation zwischen Spieler und Trainer sachlicher und fundierter.

Grundlage, um sich einen Überblick über eine Mannschaft zu verschaffen, könnte eine Evaluierung von Gesprächen des Spielers mit drei im Verein anerkannten Persönlichkeiten sein. Der Einfachheit halber könnte es auch eine Meinungsabfrage der Personen zu einem Spieler geben. Mindestens eine sollte den Spieler aber auch schon trainiert haben. Wiederholte Aussagen zu standardisierten vorher festgelegten Themen über den Spieler verifizieren die Bewertung bzw. die Stärken und Schwächen.

Dazu kommt eine Selbsteinschätzung des Spielers zu definierten Themenkreisen.

Wie schon immer wieder ausgeführt, ist ein wesentlicher Faktor in der Bewertung die emotionale Reife, bzw. der Charakter des Spielers. Häufig kann man beobachten, wie Spieler bei überragenden technischen Fähigkeiten jedoch mit zu hoher Emotionalität sich eine internationale Karriere verbauen. Umgekehrt findet man auch viele internationale Spieler, die nicht mit einem herausragenden Talent gesegnet sind, die aber von ihrer Einstellung her alles wettmachen. Somit ist hier auch die wichtige Botschaft an junge Talente, dass ihre technischen und taktischen Fertigkeiten ihnen die Fußballwelt aufschließen, jedoch sie nur ihr Lebenswandel und Charakter zur spielerischen Reife und zu Erfolg bringt. Kurz gesagt: Talent ohne Charakter ist KEIN Talent.

Was sind nun Kriterien zur Bewertung? Hier nehmen wir wieder Anleihen aus dem Bild, was ein perfekter Spieler ausmacht. Die Bewertung kann dann auf einer Skala von 1-10 erfolgen oder per Schulnoten, ganz wie es dem Trainer beliebt. Die Faktoren einer Leistungsbewertung können physisch, technisch, taktisch, mental und emotional sein. Auch der Lebenswandel kann in die Wertung einfließen, wobei er recht schwer objektiv bewertbar ist und die Bewertung sehr subjektiv vom Trainer abhängt. Hier kann man auch die Selbsteinschätzung des Spielers und des Trainers gegenüber stellen. Bei kritischen Faktoren, die weit auseinander liegen, gilt es Meinung von außen einzuholen, um die eine oder andere Richtung zu verifizieren oder falsifizieren.

Im Folgenden nun ein paar wichtige Qualitäten in den jeweiligen Leistungsbereichen.
Natürlich können auch weitere Qualitäten dazukommen, je nach Mentalität und Einstellung des Trainers, auch können einige Qualitäten in mehreren Bereichen auftauchen.

Physisch: Stärke, Kraft, Tempo, Ausdauer, Fitnessgrad, Rhythmusgefühl, Gleichgewicht, Bewegung, Koordination, Kondition, Ausgeglichenheit, Selbstbewusstsein, Präsenz, Körperhaltung, Körpersprache, Erscheinung.

Technisch: Positionsspiel, Laufbereitschaft, Körperhaltung, Ballkontrolle, Reaktionsvermögen, Ballannahme, Ballmitnahme, Verarbeitung, Tempo, Zweikampfverhalten, Kopfballstärke, Spiel mit und ohne Ball.

Taktisch: Positionsspiel mit und ohne Ball, Lücken erkennen, Kreativität, Spiel lesen können (z.B. Phasen eines Spiels, Aufstellung, Gegner, Grundformationen), Aufgabenverteilung, Plan des Trainers verstehen, Teamverfassung erkennen, Antizipationsfähigkeit, Kommunikation, Gewandtheit, Führungsqualität.

Mental: Stärke, positives Denken, Schnelligkeit im Denken, Schnelligkeit in der Umsetzung, Detailverliebtheit, Konzentrationsfähigkeit über die gesamte Spielzeit sowie bei Verlängerung inkl. Elfmeterschießen, Selbstbewusstsein, an sich glauben, an die Mannschaft denken, an die Mannschaft glauben, Selbstvertrauen, Biss, Siegermentalität, positiver Charakter, nichts aus der Ruhe bringen, Verantwortungsbewusstsein, Mut mit und ohne Ball, nimmt jede Trainingseinheit und jedes Spiel ernst, sieht keine Probleme nur Herausforderungen.

Emotional: Gelassenheit, Coolness unter Druck, Leidenschaft, für die Mannschaft auch immer mit zur Verteidigung zu arbeiten, mit Trainerentscheidungen positiv umgehen, mit Schiedsrichterentscheidungen positiv umgehen, sich von Fans/Gegnern nicht aus der Ruhe bringen zu lassen, die Mannschaft/Mitspieler anzufeuern, sich Fehlern zu stellen und daraus zu lernen, immer weiterzugehen, die Mannschaft zu unterstützen, den Kapitän zu unterstützen, als Kapitän voran zu gehen, kann an Grenzen gehen, pflegeleicht, fordernd, Vorbild.

Lebenswandel: Hingabe, Professionalität (je nach Liga), Leidenschaft, Opferbereitschaft, Ausgeglichenheit, Ausgewogenheit, Familie, Erholungsfähigkeit, Verletzungsanfälligkeit, Privatleben, Ernährung, positives Umfeld, Sprechen mit den Mitspielern, Sprechen mit dem Trainer, Ehrlichkeit, Fairness, Achtsamkeit, Einsicht, Philosophie, Psyche, Charakterfestigkeit, Glaube an sich selbst, Hilfsbereitschaft, Fit bleiben ist Lebensinhalt, Wachheit, Guter Mensch=guter Spieler, Vorbild.

Alles in allen ein „Blumenstrauß“ an Optionen. Sicher nicht umfassend, aber eine gute Grundlage mit Analysen und Erhebungen zu starten. Je nach Alter und Liga. Diese Kriterien setzen sich ja auch im Leben fort. Streng nach dem Motto: Football is bigger than life. Danke. Bitte.


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Gibt es den perfekten Spieler? Verstehe deinen Spieler…

Nachdem wir uns Gedanken zum perfekten Spieler und damit zur perfekten Mannschaft gemacht haben, sollten wir ein paar Sätze und Gedanken zum Verständnis eines Spielers verlieren. Was macht ein umfassendes Spielerprofil aus? Da gibt es sicher die „harten“ Fakten, wie körperliche, taktische und technische Kriterien und „weiche“ Faktoren, wie mentale, emotionale sowie grundsätzliche Einstellungskriterien. Natürlich ist es wesentlich dazu zu beachten, in welcher Liga man spielt und wie hoch die einzelnen Faktoren zu bewerten sind. Darüber hinaus ist die Vorgabe des Trainers wichtig, wie die Kriterien jeweils gewichtet werden.

Im Trainingsplan sollten also Einheiten platziert werden, die die Spieler als Basisausbildung vor eine körperliche Herausforderung stellen. Durch Wiederholungen wird die Technik geschult und verfestigt. Taktische Vorgaben sollten eingeübt und in der Vorbereitung besprochen werden. Je nach Rahmenbedingungen und Klasse der Spieler sind diese Faktoren Grundvoraussetzung eines jeden Trainings, nur die Intensität und Komplexität sind variabel.

Die „weichen“ Faktoren kann man durch gezieltes und individuelles mentales Training fördern und fordern. Wir können auch die Emotionalität unter dem Licht der Selbstbeherrschung unter Druck testen, festhalten und durch geeignete Maßnahmen korrigieren, falls es nicht der Mannschaftsphilosophie und der Haltung des Vereins entspricht. Als oberste Spitze der „weichen“ Faktoren kann der Lebenswandel der Spieler bewertet werden. Hier ist es natürlich am schwierigsten klare Bewertungen und auch „Training“ stattfinden zu lassen. Welcher Lebenswandel nun der richtige sei, bleibt durchaus subjektiv, kann aber auch sehr entscheidend sein. Hier mag angeführt werden, wie stark der Spieler sich seinen Lebenswandel bewusst ist und er eine grundsätzliche Bereitschaft an den Tag legt sich damit auch kritisch auseinander setzen kann. Will er sich dem Fußball und der daraus resultierenden notwendigen Leistung voll verschreiben, nur weniger oder gar nicht.

Somit kann man folgende Profilfaktoren festhalten:
Die „harten“ Fakten, wie Physis, Technik und Taktik –
Die „weichen“ Faktoren, wie Psyche, Emotionalität und Lebenswandel –
und das jeweilige Spielerverhalten dazu.

Natürlich steht nicht jeder Spieler auf derselben Entwicklungsstufe innerhalb dieses Systems. Auch unterschiedliche Ausprägungen und Entwicklungen in den sechs Profilfaktoren sind ganz normal. Sie verändern sich wie das Leben drum rum stetig und ständig. Nur das Bewusstsein sie auch steuern bzw. beobachten zu wollen muss angelegt sein. Kritische Reflexionen und positive Verstärkungen sind wichtig und können vom Trainer angeregt werden. Das Ziel wäre eine vollkommene Leistung.

Diese Leistung hängt wesentlich vom Alter des Spielers zusammen. Auch gibt es natürlich einen Unterschied zwischen männlichen und weiblichen Spielern. Individuelle Charakterzüge ebenso. Alles in allem also ein wunderbarer Blumenstrauß aus mannigfaltigen Facetten. Ajax Amsterdam versuchte dies in seinem TIPS System zu klassifizieren. Technik-Intelligenz-Persönlichkeit-Schnelligkeit. Wobei z.B. bei der Auswahl von Spielern in den unterschiedlichen Jahrgängen unterschiedliche Masterkriterien angelegt wurden. So wurde Schnelligkeit und Technik bei U9 Spielern mit 80% sowie Intelligenz und Persönlichkeit bei U19 Spielern mit 80 % gewichtet.

Aus all diesen Faktoren können jederzeit auch Leistungsprobleme erwachsen. Deshalb ist eine andauernde Evaluation sinnvoll. Sie kann intuitiv und natürlich auch datenbasiert sein… so unterschiedlich und individuell wie Spieler und Trainer nun mal sind.

Wenn es die Ziele des Trainers und des Vereins sind, aber die Trainer dazu nicht die Zeit oder die Möglichkeiten haben, sollte man über Expertenhilfe von außen nachdenken. Es gibt heute viele Berufsbilder, die sich auf viele der dargestellten Facetten spezialisiert haben:
Biomechaniker, Ernährungsberater, Fitnesstrainer, Physiotherapeuten, Psychologen, Ärzte, Berater, Lebensführungstrainer, usw. Wenn im Kern die Leitung steht und der Spieler sowie der Trainer daneben, können in der Peripherie viele positive Personen wertvolle Unterstützung geben.

Wie gesagt, das perfekte Profil wird niemand erreichen, aber alle müssen zusammenarbeiten, damit die Stärken gestärkt und die Schwächen minimiert werden. Natürlich kann jeder Spieler und auch jeder Trainer individuelle Ziele setzen und auch einen eigenständigen Stil entwickeln auf dem Weg zur persönlichen Exzellenz. Das hat auch nicht nur Auswirkungen auf die Leistung im Fußball, sondern gibt für das gesamte Leben eine klare Linie vor. Man kann sagen, an dieser Erkenntnisstelle ist Fußball größer als das Leben. Genauso wie im Leben sind wie von Individuen umgeben. Manchmal „können wir einfach nicht mit dem…“. Wenn am also feststellt, man hat alles in deiner Macht stehende getan, um eine Spielerleistung zu optimieren und es funktioniert nicht, dann muss man sich auch trennen können. Das gilt allerdings auch für Trainer, die in das Konzept eines Vereins nicht mehr passen ebenso.

Als nächstes werden wir die Spielerbewertung nach Stärken und Schwächen beleuchten.
Danke. Bitte.


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Das perfekte Spiel

Wir Trainer und auch die Zuschauer/Fans sind alle auf der Suche nach dem perfekten Spiel. Doch was macht so ein perfektes Spiel aus? Wenn man mit Trainern spricht nennen sie zunächst einmal die Basisaspekte des Spiels, d.h. technische, taktische und körperliche Überlegenheit. Doch, wenn beide Mannschaften auf Augenhöhe agieren, oder das Tor bei dieser Überlegenheit einfach nicht fallen will, was braucht es dann noch? Was also führt zum Sieg eines Fußballspiels? Die Antwort: Das Spiel wird im Kopf entschieden? Wie stehe ich auf dem Platz? Wie ist meine Körpersprache? Wie hoch ist meine Konzentration, mein Wille? Genau… der Wille zum Sieg! Befragungen unter Trainern zeigen immer wieder die Wichtigkeit der „Siegerhaltung“. Trainer geben ihr zu 50% die Wichtigkeit, um ein Spiel zu gewinnen. Danach kommen erst Verteidigung (10%), Angriff (10%), Auswechslungen (10%), Standards (10%), besondere Einzelspieler (5%) und ja auch Glück, z.B. bei Schiedsrichterentscheidungen (5%). Spieler sind emotional bei Fußballspielern, sie sind keine normalen Arbeitsnehmer, die ihren Dienst nach Vorschrift verrichten (obwohl das manchmal so aussieht bei weniger wichtigen Spielen)… Sie erinnern sich nach großen Spielen immer nur an ihre Gefühle, an ihr Selbstvertrauen, an das Gefühl gewinnen zu wollen. Diese Siegermentalität wird mit im Jugendbereich noch unterschätzt bzw. nicht „gesucht“. Wobei die Jugendspieler der Lizenzmannschaften schon durchaus nach diesem Kriterium ausgewählt werden. Da gibt es viele Spieler, die vielleicht technisch nicht so überragend sind, aber kämpferisch einen unglaublichen Willen zum Sieg mitbringen. Solche Spieler sind wichtig. Dazu kommt heutzutage eine fast schon religiöse Verklärung der Athletik. Wenn man sich die U12 und U15 führender Mannschaften anschaut, bekommt man zweifelsohne „Respekt“. U12 Spieler, die schon 1,70/1,80m groß sind mit entsprechendem Selbstvertrauen, da braucht es schon eine gehörige Portion Mut dagegen zu halten, wenn die gegnerische Mannschaft „nur“ normale Spieler dieser Altersklasse hat. Klar, gerade in dieser Phase sind die Entwicklungsunterschiede der Jungs und Mädchen z.T. dramatisch, die dann ab 17 Jahren sich wieder angleichen. Da kann es wieder zu Verschiebungen und auch zum „Aussortieren“ kommen. Deshalb sollte man immer auch einen kritischen Gedanken daran verschwenden, ob es wirklich sinnvoll ist mit einem „Talent“ schon früh zu höherklassigen Vereinen zu wechseln. Wenn er komplett heraussticht, dann vielleicht, aber die volle Entwicklung ist erst frühestens ab 15 Jahren nach der Adoleszenz zu erkennen.

Aber zurück zum perfekten Spiel. Wenn sich die dazu die perfekte Mannschaft zusammenstellen könnte, welche perfekten Spieler gehörten dann dazu? Technik, Taktik und Körper habe wir als Basis sind festgehalten. Welche charakterlichen Eigenschaften braucht der perfekte Spieler, um die Siegermentalität zu demonstrieren? Welche Einstellung ist die „richtige“? Dazu kann man sich einfach mal einen Spieler vorstellen und sich überlegen, welche kniffeligen Situationen gibt es während eines Spiels und wie sollte er da reagieren? Hier also eine lose Reihe von Situationen und Sie können sich selbst beantworten, welche Reaktion die „erwünschte“ wäre, um ein Spiel zu gewinnen oder zumindest in die erfolgreiche (Dominanz) Richtung zu führen.
Ein perfekter Spieler reagiert, indem er…, falls strittige Schiedsrichterentscheidungen fallen. Ein perfekter Spieler reagiert, indem er…, falls er einen Fehler macht. Ein perfekter Spieler reagiert, indem er…, falls die Mannschaft mehrmals hintereinander verloren hat. Ein perfekter Spieler reagiert, indem er…, falls er verletzt ist. Ein perfekter Spieler reagiert, indem er…, falls es in die Mannschaft zurückkommt. Ein perfekter Spieler reagiert, indem er…, falls er neu in der Mannschaft ist. Ein perfekter Spieler reagiert, indem er…, falls Mitspieler Fehler machen. Ein perfekter Spieler reagiert, indem er…, falls er eine gelbe Karte bekommt. Ein perfekter Spieler reagiert, indem er…, falls er als Auswechselspieler auf den Platz kommt. Ein perfekter Spieler reagiert, indem er…, falls er auf der Bank sitzt. Ein perfekter Spieler reagiert, indem er…, falls Druck von außen bekommt. Ein perfekter Spieler reagiert, indem er…, falls er ausgewechselt wird. Ein perfekter Spieler reagiert, indem er…, falls er eine Formschwäche hat. Ein perfekter Spieler reagiert, indem er…, falls die Mannschaft ein Tor Vorsprung hat. Ein perfekter Spieler reagiert, indem er…, falls die Mannschaft ein Tor im Rückstand ist. Ein perfekter Spieler reagiert, indem er…, falls er vom Gegner beleidigt oder eingeschüchtert wird. Ein perfekter Spieler reagiert, indem er…, falls er provoziert wird. usw.

Diese Liste kann man sicher auch noch länger fortführen. Sie soll aber im Moment nur aufzeigen, welche komplexen Anforderungen an moderne Fußballspieler gestellt werden, wenn es doch „nur“ um ein Spiel geht… Genauso sind wir aber auch als Trainer und Vorbild gefordert. Die Reaktionen sollten von einem „perfekten Trainer“ ebenso erwartet werden können, wenn es die Spieler sind. Wenn man sich die Mannschaften weltweit anschaut, wird wieder mal als Benchmark der FC Barcelona herhalten  müssen. Hier wird gerade schon in der Jugendarbeit auf eine saubere Charakterbildung Wert gelegt. Beispielhaft.

Fazit: Man weiß als Trainer um die Möglichkeit des perfekten Spiels. Wir kennen auch die Grundlagen und doch passiert es so selten… Viel Glück wünsche ich allen, die sich auf den Weg zum perfekten Spiel machen. Dranbleiben. Danke. Bitte.


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Ericsson oder Pep?

Im Moment gibt es ja die Frage, ob Ericsson bei 1860 und Pep Guardiola bei Bayern gute Lösungen wären (Ericsson wurde gerade bestätigt!)? Meine Meinung ist weder noch… Denn Ericsson wird sicher auch einige Forderungen stellen, die einfach finanziell nicht leistbar sind und der Club hat auch nicht das Umfeld für einen Trainer seines Formats. Bin mal gespannt. Trotzdem alles Gute. So einen Trainer in München zu haben ist schon so Weltklasse.

Jetzt zu Pep Guardiola. Noch ein Weltstar in München? Der Gedanke ist zwar schmeichelhaft, doch auch hier bleiben Zweifel. Er hat noch keine andere Mannschaft außer Barcelona trainiert (Kürzel ja auch FCB…) und ganz ehrlich, mit der halben spanischen Nationalmannschaft und zusätzlich Messi… Wer gewinnt da nicht 17 Titel? Man hat ja deutlich gesehen, dass wenn die Leistungsträger fehlten auch er keinen Plan B hatte und sang und klanglos manches Spiel verlor… Mir kommt es beim Kampf um Guardiola so vor, als wäre es ein reiner Prestigekampf, wer holt ihn, wer bekommt ihn, wem schenkt der Gnädige das Vertrauen? Sind es Geld (Chelseas 66 Millionen) oder Familie (Bayern)? Wer ist der schönste im ganzen Land? Bißchen kleingeistig… Wo könnte er denn überhaupt passen? Für was steht Pep? So ganz zu klären ist das nicht. Es wird sich bei der nächsten Station zeigen, ob nun London, Manchester oder München, Hauptsache Italien… 😉 Danke. Bitte.


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Übrigens,…

Ebenso wissenschaftlich betrachtet: Beim Elfmeterschießen sollte der schwächste Schütze zuerst ran, dann der zweitschwächste und so weiter. Das ist überraschend, aber logisch: Mit steigendem Druck sinkt die Trefferwahrscheinlichkeit des Schützen, deshalb sollte zum Schluss der mit der höchsten Wahrscheinlichkeit schießen, dann ist die Chance auf ein Tor noch am größten.
… und noch eins, natürlich lassen sich Elfmeter trainieren, denn je öfter ich etwas unter wenig Druck getan habe, je besser bin ich unter Druck… klar oder? Danke. Bitte.


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Fußball, der ungerechteste Sport der Welt

Wissenschaftlich betrachtet ist es tatsächlich so… Physik Prof. Metin Tolan hat es untersucht und bewiesen. Wobei, wenn man die Fakten kennt, es auch ganz logisch daher kommt.

Im Fußball fallen auf die Spielzeit gesehen die wenigsten Tore bzw. übertragen betrachtet auch Punkte. Z.B. im Handball oder Basketball fallen z.T. pro Minute mehr Tore/Punkte als im Fußball pro Spiel. Das bedeutet, dass im Fußball sich auch die schwächere Mannschaft mit einem „Zufallstor“ als Sieger durchsetzen kann. In anderen Mannschaftssportarten ergeben sich aber so viele Chancen und Tore/Punkte, dass immer die stärkere Mannschaft gewinnt. Das führt auch zu wenig Überraschungen und wenig Spannung. Umgedreht ist Fußball somit spannender und deshalb so beliebt. Auch eine unterklassige Mannschaft kann gegen einen höherklassigen Gegner gewinnen (siehe z.B. DFB-Pokal oder alle anderen Pokalwettbewerbe weltweit). Ein solcher Modus würde im Handball überhaupt nicht funktionieren. Gute Mannschaften erzielen pro Spiel bis zu 35 Tore, wenige starke vielleicht nur 15-20. Beim Basketball sind es ja noch mehr Punkte. Auch in den jeweiligen Tabellen ist es zu beobachten, dass sich das Lager dort in starke und weniger starke Mannschaften trennt. Genau in der Mitte gibt es einen Punktesprung bzw. einen großen Punkteabstand. Das gilt natürlich auch, wenn eine starke Mannschaft mal schlecht drauf ist oder wichtige Spieler fehlen und sie dann ein Spiel verlieren… Dann war die andere Mannschaft einfach, auch objektiv, besser. In diesen Sportarten gibt es auch keine „Überraschungsmeister“ oder gar das Phänomen, dass ein Aufsteiger Meister werden kann.
Aber das macht es beim Fußball ja spannend. Darum ist Frauenfußball auch langweiliger, denn es fallen mehr Tore, weil die Unterschiede zwischen den Teams größer sind. Aber es gäbe hier eine einfache Lösung: Es müssten in jedem Team genau zwei Frauen mehr spielen, am besten in der Abwehr. Dann wären die Räume enger, es würden weniger Tore fallen. Das kann man, laut Tolan, ganz leicht berechnen. Erstaunlich, dass die FIFA das nicht tut.
Somit ist bewiesen, Fußball ist der ungerechteste Sport der Welt… allerdings darum auch der emotionalste und einer der spannendsten.


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Statistik Ballbesitz

Ein Gedanke nochmals zum Ballbesitz. Gibt eine Möglichkeit die Qualität des Ballbesitzes zu beurteilen. Ja und nein. Ja, die Qualität kann sich nur am Erfolg messen – also ergibt sich die Qualität nur aus dem Ergebnis und steht also erst am Schluß des Spieles fest. Nein, Vorraussagen sind nicht möglich und die Quantität von Ballbesitz ist nicht aussagefähig. Beispiel: Man kann 89 min. ohne Torerfolg wunderbar kombinieren und das Spiel bestimmen und trotzdem in einer Minute einen „überraschenden“ Gegentreffer und verliert das Spiel. Das führt uns immer wieder zur Erkenntnis, Fußball ist nicht vorhersagbar und „ungerecht“.


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Wie lasse ich denn nun spielen? Ballbesitz oder Balleroberung?

Es gilt immer noch als logisch, dass die Mannschaft mit dem meisten Ballbesitz a) die bessere Mannschaft ist und b) gewinnen wird. Spielstatistiken weisen immer auch den Wert des Ballbesitzes aus. Nur ist dieser wirklich relevant und aussagekräftig?

Mannschaften sind heute ebenso erfolgreich, selbst wenn der Ball vor allem in den Reihen des Gegners zirkuliert. Denn heute ist ballbesitzlose Dominanz gefragt.
Im Prinzip gibt es im Fußball zwei Grundstrategien.

1. Ballbesitzorientierung: Man versucht das Spiel zu kontrollieren und das Spielgeschehen zu bestimmen. Man versucht sich durch im Regelfall ruhigen Spielaufbau nahe an das gegnerische Tor heranzuschieben. Bei dieser Spielweise versucht man ein Übergewicht im Mittelfeld zu erzielen. Nach Ballverlust versucht man den Gegner durch schnelles Pressing (5 Sekunden Regel bei Barca: nach Ballverlust wird 5 Sekunden lang, z.T. mit Doppeln, versucht, den Ball zurückzuerobern, ansonsten geht’s in die Grundformation zurück) den Ball möglichst schnell wieder abzujagen. Bei dieser Spielweise rücken die Innenverteidiger bei eigenen Angriffen häufig bis zur Mittellinie auf und die Abwehr lässt sich bei Ballverlust nicht sofort an die Strafraumkante zurückfallen.
Vertreter dieser Spielweise sind unter anderem: Bayern München, Hamburger SV

2. Konterfußball/Balleroberung: Der Ballbesitz und das Mittelfeld wird größtenteils dem Gegner überlassen. Man selbst versucht in und um den Strafraum möglichst kompakt zu stehen und keine großen Lücken zu lassen. Wenn man selbst den Ball gewonnen hat versucht man bei dieser Spielweise blitzschnell in den Angriff überzugehen, teils auch mit weiten Risikobällen. Die Stürmer, die die weiten Bälle dann verwerten sollen, haben häufig verhältnismäßig viel Platz, da der Gegner bei eigenem Ballbesitz seine Verteidiger aufrücken lies. Nach Ballverlust kehren sofort alle Spieler in die Defensive Grundordnung zurück, damit der Gegner seinerseits nicht schnell spielen kann.
Vertreter dieser Spielweise sind unter anderem: Hannover 96, VfL Wolfsburg
Gibt es eine Korrelation zwischen dem Spielergebnis (Sieg oder Niederlage) und dem Ballbesitz bei Fußballspielen?

Dabei wurden 180 Spiele untersucht:

Heimsiege: 76 x
Auswärtssiege: 41 x
Unentschieden: 63 x

Mehr Ballbesitz = Sieg: 65 x
Mehr Ballbesitz = Niederlage: 52 x
Rest Unentschieden: 63 x

Heimmannschaft mehr Ballbesitz 102 x
Auswärtsmannschaft mehr Ballbesitz 91 x

Von den reinen Zahlen her kann es keine direkte Korrelation zwischen Sieg und Ballbesitz bzw. Sieg und Balleroberung geben, da die Qualität des Ballbesitzes endscheidend ist. Das heißt, wenn eine Mannschaft insgesamt kompakt steht und es schafft bei Balleroberung in wenigen Sekunden zum Torerfolg zu kommen, ist das eine hohe Ballbesitzqualität, obwohl insgesamt dem Gegner der restliche Ballbesitz zufällt.

Gibt es Voraussetzungen für eine offensive Spielweise?

Offensiv, das heißt eine auf Ballbesitz ausgelegte Taktik, sollte man tatsächlich nur spielen, wenn die Abwehr und das Mittelfeld im Gegensatz zum Sturm besser als der Gegner ist, da alle Spieler aufrücken, bei Ballverlust jedoch schnell reagieren und im Zweifelsfalle schnell wieder in die Grundordnung zurückkehren. Es gibt somit Torchancen auf beiden Seiten, deswegen sollte man auch ein Detail beachten: der eigene Torwart muss besser sein als der gegnerische.

Ballbesitz:

Abwehr und Mittelfeld haben durch den auf Ballbesitz ausgelegten Stil viele 1:1 Situationen, da sie viel kombinieren und in Bewegung sind. Wenn dann eine Lücke erzeugt wurde, kommt der Sturm durch einen vertikalen Pass zum Einsatz und muss verwandeln. Stürmer sollten also, wenn möglich, abschlusssicher sein.

Konter/Balleroberung:

Abwehr und Sturm sollten besser als der Gegner sein, da es sehr viele Zweikämpfe gibt. Auch die Laufbereitschaft und die Längen der Laufwege sind weiter als beim Gegner. Das geht nur mit entsprechender Physis. Das Mittelfeld muss nicht besser sein, da es meist überspielt wird.

Ballbesitz ist längst kein zwingender Faktor mehr, wenn es darum geht, Dominanz zu erzeugen. Das weiß natürlich auch Joachim Löw. „Die Dinge haben sich eben verändert“, sagt der Bundestrainer. „Vor wenigen Jahren hat man noch gesagt, die Mannschaft, die den meisten Ballbesitz hat, gewinnt. Das ist falsch. Ballbesitz ist gar nicht mehr so entscheidend. Entscheidend ist die Effizienz.“ Gleiches Fazit wie oben: Qualität des Ballbesitzes ist entscheidend.
Noch drastischer formuliert es Uwe Rapolder: „Zu lange Ballzirkulation ist tödlich.“ Seinen Bielefelder Systemfußball kann man als Prototyp dieses auf ballbesitzlose Dominanz angelegten Fußballspiels bezeichnen. Schon Ende der Saison 2004/2005 behauptete Rapolder: „Wir haben alle Spiele verloren, in denen wir mehr Ballbesitz hatten.“ Zirkuliert der Ball nämlich lange durch die eigenen Reihen, hat die gegnerische Abwehr genug Zeit, ihre Ordnung zu finden. Nachdem die athletischen Fähigkeiten der Bundesligafußballer in den 90er Jahren massiv verbessert wurden und taktische Abläufe wie das Verschieben und das Erzeugen von Überzahl in Ballnähe Standard geworden sind, hilft die „optische Überlegenheit“, wie Fernsehreporter gerne sagen, nur noch selten.

Ist die Abwehr erst mal sortiert, öffnet sich auch nach ausgiebigen Kombinationsstafetten nur noch sporadisch die Lücke zur zwingenden Chance. Große Individualisten sind dann nötig, Leute die den verengten Raum mit einem genialen Pass, mit einem rasanten Dribbling oder einer kunstvollen Flanke öffnen können. Der FC Barcelona beherrschte diesen Zauber fantastisch, und wenn die Faktoren Einzelkünstler und Kombinationssicherheit sich mischen, ergibt sich mitunter eine Schönheit des Spiels, die für Viele unübertroffen ist. Arsenals Trainer Arsène Wenger sagte einmal, er erlebe diesen Moment des höchsten fußballerischen Genusses nur „drei, viermal pro Saison“. Für die meisten Teams wird solch ein Spiel aber immer Utopie bleiben.

Denn wenn die Individualisten fehlen oder außer Form sind, wirkt dieser auf Ballbesitz ausgerichtete Spielansatz oft hilflos. Die von den Stars wie Ruud van Nistelrooy oder Roy Makaay bereinigte holländische Nationalmannschaft erlebte dies vor Jahren, und der früher so virtuos kurzpassende SC Freiburg war zuletzt Jahre lang so etwas wie der Großmeister der Ineffizienz. Aufgrund der vorübergehenden Schwächen von Ronaldinho, Deco oder Lionel Messi und der Verletzung von Samuel Eto’o unterlag selbst der FC Barcelona in der damaligen Champions League völlig verdient dem FC Liverpool, der sein Spiel darauf anlegt, den Ball schnell und geradlinig nach vorne zu tragen. Der Titelverteidiger hatte im Heimspiel in Barcelona, das er mit 1:2 verlor, 62 Prozent Ballbesitz. Das Spiel wurde zur eindrucksvollen Darbietung der Vergeblichkeit des Kombinierens. Genauso passierte es letztes Jahr in dem der FC Chelsea sich bis zum CL-Sieg „mauerte“ und die technischen Kombinierer bis zur Verzweiflung, Frustration und Aufgabe zwang.

In der Bundesliga ist es mittlerweile so, dass häufiger jene Teams gewinnen, die seltener am Ball sind. Nach dem 29. Spieltag in der Saison 10/11 gab es 94 Siege der optisch unterlegenen Mannschaft, und nur 77 Gewinner mit mehr Ballbesitz. 15 mal gewann eine Mannschaft mit einem Wert von genau 50 Prozent. Immer mehr Trainer gehen daher dazu über, nach Ballgewinn schnell, riskant und schnörkellos nach vorne zu spielen. Die Erkenntnis des norwegischen Taktikfuches Egil Olsen, dass man innerhalb der ersten 20 Sekunden nach dem Ballgewinn – so lange dauert es etwa, bis eine Abwehr ihre Idealordnung gefunden hat – die besten Chancen auf einen Torerfolg besitzt, hat sich durchgesetzt.

Ralf Rangnick führte schon vor Jahren den Begriff „Vertikalfußball“ ein, als Gegenmodell zum Querpassspiel der Nationalmannschaft vor der Ära Klinsmann, dass Kontrolle nur vortäuschte. In der Saison 2004/2005, als Schalke unter dem damaligen Trainer Rangnick Zweiter in der Bundesliga wurde, hatte die Mannschaft durchschnittlich nur 48,6 Prozent Ballbesitz. Nach Eroberung des Spielgerätes versuchten die Spieler umgehend, den schnellen Ailton anzuspielen. Der rannte und schloss ab. Klar, dass der Ball dann schnell wieder beim Gegner war. Oft allerdings zum Anstoß nach Gegentor.

Nun ließe sich einwenden, dass es sich bei diesem Spielansatz um nichts anderes als das klassische Konterspiel handle. Energie Cottbus wäre dann so etwas wie ein leuchtendes Vorbild, denn die Lausitzer schafften damals mit dem sagenhaft niedrigen Wert von 41,6 Prozent Ballbesitz 10 Siege nach 29 Spielen der abgelaufen Saison und standen damit auf dem siebten Tabellenplatz. Für den damaligen Trainer Petrik Sander besitzt die Menge des Ballbesitzes trotzdem „eine gewisse Wertigkeit“. Energie spielt seinen Konterfußball aus einer Notlage heraus, denn „wenn wir anfangen auf Ballbesitz zu spielen, dann würden wir so viele Fehler produzieren, die es dem Gegner sehr, sehr leicht machen würden, gegen uns Tore zu erzielen“, erklärt der Trainer.

Schalke, Wolfsburg, Hannover, aber auch Teams wie dem FC Liverpool oder dem FC Chelsea gelingt es hingegen, trotz geringerer Spielanteile dominierend zu sein. Das ist die eigentliche Neuerfindung. „Wir verteidigen, um anzugreifen“, sagt Slomka, der Trainer von Hannover 96. Die Defensivarbeit ist strategisch so ausgerichtet, dass der Ballgewinn möglichst in Situationen erfolgen soll, aus denen sich ein schneller Gegenangriff entfalten lässt. Ein gewonnener Zweikampf mit folgendem Ballbesitz bei aufgerücktem Gegner ist natürlich viel wertvoller als ein Zweikampf, an dessen Ende der eigene Torhüter abschlagen darf. Klinsmann und Löw haben schon früh daher die „aktive Balleroberung“ als eine von fünf Leitlinien der „Deutschen Spielphilosophie“ eingeführt, die nun an der Hennes-Weisweiler-Akademie gelehrt wird. Es geht nicht mehr darum, in der Defensive zuallererst das Spiel des Gegners zu verhindern, richtig gute Defensivspieler legen es vielmehr konsequent darauf an, den Ball in einem möglichst günstigen Moment zu stehlen.

Spieler, die häufig an qualitativ hochwertigen Ballgewinnen beteiligt sind, agieren meist unauffällig. Sie sind es aber, die das ganze Team um einige Prozent besser erscheinen lassen. Fabian Ernst, erfüllte diesen Job früher beispielsweise mit Bravour, Torsten Frings war ein Meister des Fachs und nach Michael Ballacks Defensivgrätschen landete der Ball fast immer im Fuß eines Mitspielers. „Spiele werden in einer Mittelfeldzone gewonnen, wo es darum geht, Zweikämpfe zu gewinnen, um dann die Ausgangspositionen zu erarbeiten, aus denen das schnelle Spiel möglich ist“, sagt Slomka. Idealerweise ereigne sich der Ballgewinn „im Zentrum des Spielfeldes und möglichst weit vorne“, ergänzt Löw. „Du kannst den Ball zwar außen einfacher gewinnen, aber zentral hat man mehr Gestaltungsmöglichkeiten“, meint der Bundestrainer. Sechs Spieler tragen die Hauptverantwortung für solch hochwertige Ballgewinne: die beiden Innenverteidiger, zwei zentrale Mittelfeldspieler und die beiden Stürmer.

Der englische Kick and Rush weist viele Ähnlichkeiten mit dem ballbesitzlosen Dominanzfußball auf. Deshalb gibt es auf der Insel schon lange ein ausgeprägtes Gefühl für die Bedeutung bestimmter Mittelfeldzweikämpfe. Vielleicht ist dieses Bewusstsein ein Mosaikstein der gegenwärtigen Dominanz des englischen Klubfußballs, jedenfalls applaudieren die Leute auf der Insel oft frenetisch, wenn ein Spieler den Ball 35 Meter vor dem eigenen Tor erobert. Das hat nicht nur mit der Wertschätzung von körperlichem Einsatz zu tun. Es gibt einfach ein feineres Gespür für die Bedeutung dieser Spielsituation.

Doch auch in Deutschland wird der Wert des Defensivzweikampfes fürs Offensivspiel immer höher geschätzt. Rangnick erfand einst sogar den Begriff des „Pressingopfers“, der einen Spieler markieren soll, der technische Schwächen hat. Der wird dann vom Gegner absichtlich frei gelassen, damit er den Ball erhält, während alle mit einem einfachen Pass erreichbaren Mitspieler zugedeckt werden. So lassen sich qualitativ hochwertige Ballgewinne provozieren. So übt man Dominanz aus, ohne den Ball zu haben.

Übrigens, als nächstes werde ich über Fußball, das „ungerechteste Spiel der Welt“ schreiben. Dort wird erklärt, dass es so gesehen, völlig egal ist, wie man in einer Liga spielt. Man kann gewinnen oder verlieren innerhalb einer Liga und sogar Amateure gegen Profis (z.B. Pokalwettbewerbe). Qualität setzt sich nämlich nicht immer unbedingt durch.
(Zitate und Abschnitte aus Rund-Magazin)